Florian Eib

Sportjournalist und Sprecher

Florian Eib

Sportjournalist und Sprecher

Buchdeckel zu: Gleich zwei Hörbücher konnte ich zuletzt für die Deutsche Zentralbücherei für Blinde abschließen. In unregelmäßigen Abständen haben mich die beiden Romane fast ein halbes Jahr begleitet. Beide Bücher haben unterschiedliche innere Stimmen. Der Wechsel zwischen den Texten, manchmal von einem Tag auf den anderen, war für mich nicht immer leicht.

Wenn Martha tanzt

„Wenn Martha tanzt“ von Tom Saller handelt von einer der Suche nach der eigenen Vergangenheit. Der Protagonist Thomas Wetzlaff,  dessen Germanistik-Studium ihm nicht die erhoffte schöpferische Erhellung brachte, findet eines das Tagebuch von Martha Wetzlaff, seiner Urgroßmutter.  Er begibt sich auf Spurensuche und entspinnt große Teile der Biografie einer Frau, die als Tänzerin in der Blütezeit des Weimarer Bauhaus ihr Glück fand.

Eine Fotografie des Buches, auf welchem eine junge Frau mit einem blauen Kleid abgebildet ist. Sie lächelt verschmitzt, ihre halblangen roten Haare sind lockig.
Tom Saller beschreibt das Leben einer jungen Frau, die auszog, das Leben zu entdecken, Foto: Florian Eib.

Für mich war es eine sehr berührende Erzählung – vielschichtig und spannend bis zum Schluss sowie emotional. In einem leicht träumerischen Schreibstil entwirft der Autor das Leben einer Frau, einer Familie, mehrerer tiefer Freundschaften und verschiedener Formen von Liebe, zum Menschen, zur Kunst, zur Musik, zum Tanz.

Nebentage

Mit seinem Debütroman legt Thorsten Palzhoff einen intensiven Text vor. „Nebentage“ ist die Beichte eines jungen Mannes mit einer doppelten Identität gegenüber seiner Freundin. In einer Rahmenhandlung wird der Mann aus unerfindlichen Gründen inhaftiert und bringt dort detailliert sein (wahres) Leben aufs Papier: Menschen kommen und gehen, wenige meinen es gut mit ihm. Fast wirkt es, als wäre er sein ganzes Leben durchgeschubst worden. Zu gutmütig und verträumt, um selbst die Initiative zu ergreifen, verfolgen ihn von kleinauf unangenehme Momente, die ihn immer wieder vor der eigenen Realität fliehen lassen (letztlich dazu führen sich von sich selbst zu verabschieden) und im zweiten Teil der Erzählung in einen Teil Deutschlands spülen, der ebenso unstet ist, wie es gerade dazu passt – Leipzig zur Zeit der Wende.

Auf einem Schreibtisch liegt das Buch Nebentage, daneben ein Kopfhörer. Auf dem Cover des Buches sind Teile einer männlichen Silhouette verkehrt herum angeordnet.
Der erste Roman von Thorsten Palzhoff nach seinem über zehn Jahre früher erschienenen Erzählband „Tasmon“, Foto: Florian Eib

Der Roman vermittelt insgesamt eher eine düstere Stimmung, wenn auch nicht ausschließlich. Der Schreibstil Palzhoffs ist plastisch, entwirft viele Bilder, aber wirkt teilweise auch überladen. Bei dieser Erzählung muss man sich tatsächlich Zeit nehmen – nichts zum “Nebenbeihören”.