Plakat zum Stück „Noch besser sterben“ von Urban Collective, Foto: Tomke Koop.

Eine ganz spezielle Anfrage erreichte mich kürzlich vom Schauspiel-Ensemble Urban Collective. Das Theaterstück „Noch besser sterben“ sollte zumindest teilweise barrierefrei gestaltet werden. Die Idee: Auch sehbehinderte und blinde Menschen sollten Zugang zu dem aufwendig inszenierten Stück aus Tanz, Performance und Schauspiel haben. Ich kenne viele sehbehinderte und blinde Menschen, die gerne kulturelle Veranstaltungen besuchen. Der Form sind dabei prinzipiell wie so häufig keine Grenzen gesetzt. Vieles ist eine Frage der Umsetzung, insofern habe ich mich über die Einladung sehr gefreut.

Wohnen oder nicht wohnen?

In diesem speziellen Fall ist der Umfang der Inszenierung eine Herausforderung gewesen. Ein Haus (passend zum Thema über der Szenekneipe „Noch besser leben“), verschiedene Etagen und verschiedene Wohnräume, in denen man sich mehr oder weniger frei bewegen konnte. Neben der vielen verschiedenen Sinneseindrücke schwang mit der Inszenierung auch eine gewisse Spontanität mit. Kurzum: Es passte ins Bild, dass ich eine Art Live-Reporter mimte, der an einem Veranstaltungsabend über die Geschehnisse im Haus, quasi „on air“ berichtet. 

Tatsächlich war mit „Äther Lindenow“ ein Kooperationspartner vorhanden, der die Technik für ein Livestreaming bereitstellte. Grundvoraussetzung für mich war im Vorhinein, dass ich so wenig wie möglich von der Inszenierung kenne. Warum? Es sollte ja eine möglichst authentische Entdeckungsreise werden.

Beschreibungen satter Bilder

Über 1,5 Stunden war ich an diesem Abend damit beschäftigt, die Szenerien und Erlebnisse in dem Haus zu beschreiben. Der permanente Versuch, akustische Bilder zu entwerfen, um das Gesehene begreiflich zu machen, war die größte eine Herausforderung. Knackpunkt: Selbst sprachlos sein (was bei aufwendigen Theaterinszenierungen schon mal vorkommen kann), war sozusagen verboten – ohne Stimme, kein Radio. Einige wenige Eindrücke im Bild (Foto: Tomke Koop):

Zum Glück waren mit mir noch zahlreiche Gäste vor Ort, deren Eindrücke, Empfindungen und Gefühlsexplosionen ich hin und wieder, ebenfalls im Stile eines Live-Reporters, einfangen konnte. Insgesamt entstand so ein feature-artiges Hörstück gemischt aus Reporter-, Gast und auch Darstellerstimmen, Klängen und Tönen, die für sich stehen, und vielen abgefahrenen Momenten.

Mehrere Vorstellungen folgten auf den Abend, den ich für die Aufzeichnung vor Ort war. Die Technik macht es möglich, dass die Reportage-Aufzeichnung das Stück konserviert hat. Viel Spaß beim Hören und erkunden des Wohnhauses – Leipzig, Merseburger Straße 25. 😉

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Sprach- und Sprechwissenschaftler MA, in Erfurt geboren, Studium in Leipzig und Halle, Sprecher seit 2013, Solo-Selbstständiger seit 2018.

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